Karin Schöffauer

Podium Porträt Nr. 75


Biographie

Karin Schöffauer wurde 1951 in Bad Gastein geboren und lebte ab 1969 in Wien. Hier absolvierte sie ein Studium an der Hochschule für angewandte Kunst, u.a. bei Oswald Oberhuber. In der Folge arbeitete sie als bildende Künstlerin und Autorin. Zahlreiche Publikationen und Ausstellungen (u.a. Atelier 96, Galerie Nächst St. Stephan, Steirischer Herbst; Collagen, ArtBrut, Zeichnungen). Gemeinschaftsarbeiten u.a. mit der Komponistin I-Tsen Lu und der Filmemacherin Moucle Blackout. Text- und Musikimprovisationen mit der Gruppe "scheinweg". Die Autorin ist am 20. Dezember 2011, kurz vor Veröffentlichung ihres letzten Buchs "Weiteres Ungemach" (Klever), in Wien gestorben.

Publikationen:

So fühlt sich der Mond im Fleische. Texte und Zeichnungen. Wien: Frauenverlag, 1986
Liebe oder so. Eine tragische Geschichte, Eigenverlag 1987
Der Bärentöter. Wien: Das fröhliche Wohnzimmer, 1993
Streulage. Wien: Edition aha, 1996
1 silviroman. Wien: Das fröhliche Wohnzimmer, 1997
vorübergehend. Wien: Das fröhliche Wohnzimmer, 1999
scheinweg. segen wich. Wien: Das fröhliche Wohnzimmer, 2003
des abends schräge bahn. Klagenfurt, Wien: Ritter Verlag, 2006
Weiteres Ungemach. Wien: Klever Verlag, 2012

Leseprobe


So manche Nacht bleicht der Mond von überall her
und läßt die Gedanken nicht zur Ruhe kommen.
Innen ist hohl, ist die Perlenstille mit der Hoffnung
im Grün gefangen,
so fühlt sich der Mond im Fleische und erhebt sich
eingekeilt ins Mauerwerk.
Sein Licht entfesselt die Dunkelheit und schämt sich
nicht für die Unanständigkeiten der Nachtseite.

*

Es ist der Schmerz, der kommt, wenn die Nacht die
neun Messer bringt.
Wie Gitter gegen die Freiheit der Erkenntnis hängen
sie waagrecht in der Luft.
Nur bedeckt mit den zwölf Zeichen der Allkraft läßt
sich die Not überstehen.
Das Licht muß in der Finsternis weilen, und während
die Hände die Augen bedecken, zieht es sich zurück.
Die große Mutter will ihr eigenes Kind verschlingen.
Dunkel lauert sie, still. Sie wartet auf die Sehnsucht,
die dich ans Ufer treten läßt.
Schau nicht hinein in die nachtglänzenden Augen, der
weiche, schmeichelnde Wellenschlag wird zum zähen
Sumpf, der dich nicht mehr freigibt.

*

Geradenwegs der Hölle zu, immer hinter den Männern her.
War da einer, wirft seine Scherben vor meine Füße,
da sehe ich mich wieder im Kinderstühlchen sitzen
und mit dem Löffel klappern, aber rundum ist nichts,
und ich warte vergeblich auf den Brei.
Immer an den falschen Plätzen nach Nahrung suchen.

*

Lieber den Herrn im Bett als die Rivalin am Hals.
Aber es kommt gerade umgekehrt, und so bleibt
nur noch die Flucht.
Eine Abkürzung aus dem fünften Stock nehmen,
das landet sehr flach auf dem Pflaster.

*

Wenn er geht, fällt die Welt auseinander, noch bevor
sie sich richtig zusammengesetzt hat, und die Angst
wächst über die Gleichmut hinaus, und so steht der
Eisenturm dem Gewitter preisgegeben.
Heute ein Glas und morgen. Gelbweiß füllt es sich,
und ich bespreche mich mit Hopfen und Malz und
Wasser, denn wir sind Freunde.
Das ist alles.

*

Sie kann nicht mehr, sie will nicht mehr, sie kann
nicht mehr, sie will nicht mehr, undsoweiter undsoweiter.
Sie wird das Telefon zertrümmern und das Kaffeeservice,
das macht sie immer, und die Möbel zersägen, das macht
sie auch immer. Sie, die Möbel, sind schon sehr schmal
und kurzbeinig, weil sie ständig irgendwo an ihnen herumsägt.
Bald wird alles auf Puppenformat zusammengeschnitten sein.

*
   
Schneit einer öfter zur Tür herein, bitte keine
Paranoia, Lady, und schielt beharrlich aufs Bett.

*

Lieber Gott, hast du die Männer so erschaffen oder
haben wir sie so erzogen?
Er weiß es ganz genau, aber er sagt es niemandem.

*

rostrot zwischen glas und verwehten zeitungen. flieder-
blasse sehnsucht. zwischen radkappen drähten schläuchen
abgefahrene beine. schweigen scheinweg segen wich. im
kopf donnert lila lack: auf euch mit verflucht! zeigefinger!
gezeigt. wegda. abgerutscht. freier fall. der tod schlurfend
in zu großen schuhen sagt: geh nicht so schnell ich habs ja
auch nicht eilig.

*

Karin Schöffauer: Lyrische Prosa. Hg., Vorwort: Sylvia Treudl. 64 Seiten, 1 Abb., Euro 6,-. Podium
(podium porträt 75) Wien 2014. ISBN 978-3-902886-10-1

 

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