Elfriede Bruckmeier wurde am 14.9.1940 in Wien geboren und lebt in Eichgraben in Niederösterreich, wo sie seit 1974 zusammen mit ihrem Mann, dem Maler Lothar Bruckmeier, den Verein für Kunst und
Kultur leitet. Zwanzig Jahre freie Mitarbeiterin bei Zeitschriften, vor allem Morgen, aber auch Furche, NÖ Kulturberichte u.a. Seit 1982 Veröffentlichungen von Essays, Lyrik und Erzählungen in
Zeitschriften und Anthologien. Referate, Katalogtexte und Kuratorentätigkeit für Ausstellungen bildender Kunst.
Mitgliedschaften:
Literaturkreis PODIUM, Österreichischer Schriftstellerverband
Bücher:
Zeit Zyklen. Haiku mit Bildern von Nadja D. Hlavka. Literaturedition Niederösterreich, St. Pölten 2008
Ausgewählte Gedichte. Vorw.: Elisabeth Schawerda. Podium (Podium Porträt 52), Wien 2010
Ein weiteres Buch mit Haiku und Fotografien von Marielis Seyler ist in Vorbereitung und erscheint 2010.
Küchenabend mit Bach
für Rosi
"Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose"
Aber: eine Distel im braunen Schutt
des Bahndamms ist nur erbärmlich.
Was hilft es, die Augen zu schließen
und sich als Rose geboren zu wähnen?
Trock'ne fahle Hortensienbüschel,
gebrauchtes Geschirr, zusammen mit Liedern
von Bach, gesungen im Chor der Kirche
und nachts im Küchengewölbe
Rostrote Kastanien
im Halstuch gesammelt verlieren
den Glanz ihres Lebens.
So ist dir vieles verdorben.
Doch du summst "Jesus bleibet meine Freude".
Und ich lösche das Licht.
*
"Asolare"
für Carlo Scarpa
Stehend begraben, mit Blick auf sein Werk,
den Friedhof mit Grabmal der Brion.
Ein Mausoleum und Tempel des Todes,
mit mächtigen Mauern aus Sichtbeton
und Pflanzen im Wasser, als Trost für die Seele.
Scarpa, aufrecht im Tod wie im Leben
als ins Exil nach Murano er ging,
zur Zeit des Rückzugs, der Anfeindungen.
Den Mundvorrat Schönheit immer dabei
und ringend um Klarheit der Form.
Scarpa, städtischer Lebemann, aber
glücklich im Flachland Venetiens.
Der altes bewahrte und neues erfand
und so ein gültiges Ganzes erreichte.
"asolare" ein Schlendern, ein Wandeln,
ein zielloses, überaus wohliges, köstliches
Gehen, an alte Kulturen denkend,
hier, auf der Toteninsel, zwischen Efeu und Farn.
*
Wenig nur
für Gerhard Altenbour
(Bild "Gartenkolonie hinter der Spinnbahn")
Etwas grüne Unordnung hinterm Staketenzaun,
Blumen wie Riesen.
Eine Wellenbadewanne aus Zink,
dann kräftiges Rot und Gelb in Reih' und Glied …
Daneben eine Dissidentengruppe: Wiesenholler!
Vorbei aber an all den Lauben und Spalieren,
den schnurgeraden Weglein,
fährt der Zug nach Paris.
*
Kirche 2000
Lautes Geläute und kleinlaut, heute,
huschen voll Vertrauen einige alte Frauen
zum Altar. Dann ist es wieder still.
Nur ein Mäuslein trippelt, und der Holzwurm
tickt!
*
Haiku aus: Zeit Zyklen
Der ferne Gipfel
zeigt sich mit einem Mal nah.
Bald wird es regnen
Wie weich wird das Nest
aus der Wolle des toten
Hundes den Meislein
Wegwartenblau und
Hahnenschrei sind Signale
der Kindersommer
Sie fürchtet im Herbst
die Tyrannei des Obstes.
Er liebt die Farben
Strahlende Sonne
am Gipfel. Doch aus Nebeln
rinnt Kälte ins Tal
Rastlos rotieren
fünf eilige Windmühlen.
Der Berg erträgt sie
*
Versuchsanordnung zum Thema Verreisen
Die Schnecke mit Schleimspur auf dem Asphalt
Darüber
Kondensstreifen malende Flugzeuge
Daneben
im Grünen: ein freundlicher Liegestuhl
*
Elfriede Bruckmeier: Ausgewählte Gedichte. Vorwort: Elisabeth Schawerda. 64 Seiten, 1 Abb., Euro 6,-. Podium (podium porträt
51), Wien 2010. ISBN 978-3-902054-80-7