Helmuth A. Niederle wurde 1949 in Wien geboren, studierte Völkerkunde, Volkskunde, Kunstgeschichte und Soziologie, dissertierte mit einer Arbeit über die Verschränkung Ethnologie und Literatur;
lebt in Wien und Dallein / Niederösterreich, musste nach der Matura sofort als Werkstudent zu arbeiten beginnen und war u. a. Hilfsgärtner, Regalschlichter in einem Supermarkt, Laufbursche,
Zettelausträger und Berufsfahrer; seit 1974 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Österreichischen Gesellschaft für Literatur, seit 1994 deren stellvertretender Leiter.
Während der Jahre als bloß stundenweise beschäftigter Mitarbeiter in der Österreichischen Gesellschaft für Literatur war er für verschiedene Printmedien in unterschiedlicher Funktion tätig, u. a.
für "Kurier", "Die Furche", "Wochenpresse", "Hör Zu" (Österreich) und "Entwicklungspolitische Nachrichten" sowie "News". Der Tätigkeitsbereich umfasste eigene journalistische Arbeiten als auch
Schlussredaktion. Weiters erschienen in "Der Standard" sowie einer Reihe von Literatur- und Kulturmagazinen (u. a. "Pannonia", "morgen", "Die Brücke", "Literatur und Kritik") Beiträge über
bildende Kunst, Literatur, gesellschaftspolitische Fragestellungen und Erörterungen über die Schwierigkeiten des interkulturellen Dialogs. Veröffentlichungen im ORF. Während der Zeit der
Teilzeitbeschäftigung in der Literaturgesellschaft war er weiters auch künstlerischer Berater einer Wiener Galerie. Als Student und danach mehrere Studienaufenthalte und Feldforschungen u. a. in
Indonesien, Philippinen, Indien, Sierra Leone und Südafrika.
Seit 2000 Beauftragter des Writers in Prison Committes des Österreichischen P.E.N. Clubs. Seit 1998 Initiator und Mitveranstalter einer Reihe von Symposien, die dem Thema "Literatur und
Migration" gewidmet sind. Diese thematisch miteinander verbundenen Tagungen wurden gemeinsam vom Institut für Ethnologie, Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien und der
Österreichischen Gesellschaft für Literatur nebst dem Thema entsprechenden Partnerorganisationen durchgeführt. Die bisherigen Schwerpunkte waren "Islam", "Afrika", "Südamerika", "Südasien" und
"Südafrika".
Ab dem Sommersemester 2003 Universitätslektor am Institut für Ethnologie, Kultur- und Sozialanthropologie der Universität Wien.
Mehrere Jahre Herausgeber der Reihe "skriptor mundi", die in der "edition Kappa" (München) erschien; seit 2006 Herausgeber der Reihe "Edition Milo".
Preise, Auszeichnungen:
Förderungspreis der Theodor-Körner-Stiftung 1973; Arbeitsstipendium der Stadt Wien 1983; Anerkennungspreis des Landes Niederösterreich 1985; Staatsstipendium 1989/90; Buchprämie 1997; Stella
Maris (Reghin) Literaturpreis 2008.
Mitgliedschaften:
Österreichischer P.E.N. Club; Österreichischer Schriftstellerverband; Literaturkreis Podium (alle seit 1984).
Buchveröffentlichungen:
"Verwandlungen". Prosa. Bergland, Wien 1974. - "Etüden" (Mappe mit Radierungen von Peter Bischof), Privatedition, 1973. - (Hrsg. gem. mit Simon Krauss und Klaus Sandler) "Dschungelkrieg oder
Glashaus?" edition pult, St. Pölten 1980. - (Hrsg.) "Ernst Fischer. Ein marxistischer Aristoteles?" edition pult, St. Pölten 1980. - "Aufbruch". Lyrikband mit beigebundenen Radierungen von Peter
Bischof. Edition Maioli, Wien 1981. - "Tier-Leben". Mappe mit Radierungen von Norbert Fleischmann. Edition Modern Art Galerie, Wien 1981. - "Lainz. Ein Platz zum Sterben?" Ill.: Adolf Frohner,
Gerhard Trumler, Nachw.: Erwin Ringel. Edition Maioli, Wien 1982. - "Lügenden und Pastitschi aus dem bewußten Land". Ill.: Wilfried Zeller-Zellenberg. Vorw.: Peter Marginter. Edition Maioli, Wien
1983. - "Der Zug der Einhörner". Capritschi. Ill.: Hermann Härtel. Edition Atelier, Wien 1987. - "‚Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut.' Kaiser Franz Joseph und seine Untertanen".
Österreichischer Bundesverlag, Wien 1987. - (Hrsg.) "Materialienband Milo Dor". Paul Zsolnay, Wien 1988 - (Hrsg.) "‚Café Plem Plem'. Fünfzehn Jahre Kabarett Erwin Steinhauer". Ueberreuter, Wien
1989. - "die land is ons land. Reportagen aus Südafrika und Namibia". Passagen Verlag, Wien 1990. - "Schreiber. Eine Fuge und andere Capritschi". Ill.: Hermann Härtel. Verlag Der Apfel, Wien
1997. - (Hrsg.) "Wien" (Anthologie). Wieser Verlag, Klagenfurt 1997. - (Hrsg.) "Berlin" (Anthologie). Wieser Verlag, Klagenfurt 1998. - (Hrsg.) "Prag" (Anthologie). Wieser Verlag, Klagenfurt
1998. - (Hrsg.) "Weihnachten" (Anthologie). Wieser Verlag, Klagenfurt 1998. - (Hrsg. gem. mit Marianne Gruber und Manfred Müller) "In anderer Augen. Die Staaten der Europäischen Union in der
österreichischen Literatur" (Anthologie). Wieser Verlag, Klagenfurt 1998. - (Hrsg.) "‚Die Fremde in mir'. Lyrik und Prosa der österreichischen Minderheiten und Zuwanderer". Hermagoras Verlag,
Klagenfurt 1999. - (Hrsg.) "Rom" (Anthologie). Wieser Verlag, Klagenfurt 1999. - (Hrsg. gem. mit Walter Dostal und Karl R. Wernhart) "‚Wir und die Anderen'. Islam, Literatur und Migration".
WUV-Universitätsverlag, Wien 1999. - (Hrsg.) "München" (Anthologie). Wieser Verlag, Klagenfurt 1999. - (Hrsg.) "Die letzte Reise" (Anthologie). Wieser Verlag, Klagenfurt 1999. - (Hrsg.) "Eros"
(Anthologie), Wieser Verlag, Klagenfurt 2000. - (Hrsg. gem. mit Ulrike Davis-Sulikowski und Thomas Fillitz) "‚Früchte der Zeit'. Afrika, Diaspora, Literatur und Migration".
WUV-Universitätsverlag, Wien 2001. - (Hrsg.) "Frühjahr" (Anthologie), Wieser Verlag, Klagenfurt 2001. - (Hrsg.) "Sommer" (Anthologie), Wieser Verlag, Klagenfurt 2001.
(Hrsg.) "Herbst" (Anthologie), Wieser Verlag, Klagenfurt 2001. - (Hrsg.) "Winter" (Anthologie), Wieser Verlag, Klagenfurt 2002. - (Hrsg.) "Weltliteratur - Literaturen der Welt. Ein
Lesebuch". Österreichische Gesellschaft für Literatur, Wien 2002. - "Nicht nach Ithaka", Erzählungen. Wieser Verlag, Klagenfurt 2003. - "Im Treibhaus der Nacht", Zehn Notturni. Ill.: Hermann
Härtel. Vierviertelverlag, Strasshof/Wien 2003. - (Hrsg. gem. mit Rina Loader) "Southafrica. Literature and Migration". Edition Präsens, Wien 2004 - (Hrsg. gem. mit Elke Mader) "‚Die Wahrheit
reicht weiter als der Mond'. Europa - Lateinamerika: Literatur, Migration und Identität". WUV-Universitätsverlag, Wien 2004. - "Die dritte Halbzeit". Erzählungen. Wieser Verlag, Klagenfurt 2004.
- "Wie es mir gefällt. Ein Confabulatorium", Ill. Hermann Härtel. Literaturedition Niederösterreich, St. Pölten 2004. - "Cum imi place. Un confabulatorium". Eikon, Cluj-Napoca 2005. - (Hrsg.):
"Es verirrt sich die Zeit". Doris Mühringer. Das gesammelte Werk. Vierviertelverlag, Strasshof/Wien 2005. - (Hrsg. gem. mit Manfred Müller) "Michael Guttenbrunner - Texte und Materialien". Löcker
Verlag, Wien 2005. - (Hrsg.) "Wer bleibt, hat keine Ankunft". Heinrich Eggerth. Das gesammelte lyrische und aphoristische Werk. Edition Milo im Lehner Verlag, Wien 2006. - (Hrsg.) "Literatur und
Migration - Indien. Migranten aus Südasien und der westliche Kontext". Edition Milo im Lehner Verlag, Wien 2007. - "Erwin Steinhauer. Die Biografie". Molden Verlag, Wien 2007. - (Gem. mit
Marianne Gruber): Magie der Worte, Band 3. Diesseits von Eden. Erzählungen. Edition Koenigstein, Klosterneuburg 2007. - (Hrsg.) "im fließenden". Ernst David. Gesammelte Gedichte. Edition Milo im
Lehner Verlag, Wien 2007. - (Hrsg.) "schau daß du weiterkommst". Hermann Jandl: Gesammelte Gedichte 1955-2006. Edition Milo im Lehner Verlag, Wien 2007. - (Hrsg.) Heinz Stangl. Ölbilder. Verlag
Galerie Welz, Salzburg 2008. - (Hrsg.) Franz Schwarzinger: Das Bildnis ist … plattform Verlag, Wien 2009. - (Hrsg.) Alfred Rossi: Jede andere Seite. 46 Kubinesken. plattform Verlag, Wien 2009. -
Fritz Muliar: Denk ich an Österreich. Eine Bilanz. Aufgezeichnet von Helmuth A. Niederle. Residenz Verlag, St. Pölten/Salzburg 2009. - (Hrsg.) Die Mauern des Schweigens überwinden. Anthologie
verfolgter Autorinnen und Autoren. Löcker Verlag, Wien 2009.
Außerdem veröffentlichte Helmuth A. Niederle das Hörspiel "Einhorn weiblich" (ORF, 1985) sowie Übersetzungen von Ben Okri, Abdulrazak Gurnah, Jackie Kay, Sonia Solarte und Jack Mapanje in
Buchform, ferner Erzählungen, Essays und Gedichte u. a. von Brian Castro, Aftab Husain, Philo Ikonya, Easterine Iralu Sarita Jenamani, Will Self, Remi Raji.
Jeder Buchstabe
hat seinen Platz
im Alphabet.
Jeder Schatten
sein Licht.
Jeder Ort
seine Geschichte.
Jeder Fluss
sein Bett.
Jeder Stern
seine Bahn.
So hat alles
seinen Platz.
Nur Träume
sind Vagabunden
zuhause im Nirgendwo.
*
Gebrauche nie den Begriff
Liebe
Schone das alte Wort
Es ist so leer geworden
so abgegriffen
so oft mißbraucht
so ausgequetscht
Sein Inhalt kleiner
als ein Fliegenschiss
*
Das lichtdurchflutete Dunkel
und das schwarze Licht sind eins.
Versteht der Tote den Lebenden
wie der Lebende den Toten?
Es gibt keinen
Sessel der Erkenntnis,
auf dem man
Probesitzen kann.
*
Was waren das für Zeiten!
Leichtfüßig kamen die Worte
unbeschwert
nicht beladen von verborgenen Bedeutungen.
Vom Sinn entleert
schleppen sich die Worte jetzt
bis aufs Papier
kennen keine Standfestigkeit.
Immer wieder plagt der Zweifel:
Ist die Sprache eine andere geworden
oder habe ich mich verändert?
*
Alles schon gesagt,
immer wieder gesagt
und immer wieder gesagt.
Wer originell bleiben möchte,
dem bleibt nur die Suche nach dem Klang
- dem einzigartigen -.
Alles nur mehr Klang?
Sonst nichts?
Dann besser nur mehr schweigen
sonst nichts.
*
Helmuth A. Niederle: Ausgewählte Gedichte. Vorwort: Christian Teissl. 64 Seiten, 1 Abb., Euro 6,-. Podium (Podium Porträt 47),
Wien 2009. ISBN 978-3-902054-73-9