Geburt am 20. Juni 1947, Krankenhaus St. Pölten. Aufgewachsen in einer Marktgemeinde im NÖ-Voralpengebiet (Rabenstein an der Pielach). Matura in Horn. Studium der Publizistik an der Uni Wien,
Lehramtsprüfung für Deutsch und Geschichte (HS, PädAk Ettenreichgasse, Wien). Mitbegründer und -herausgeber des Literaturmagazins "Frischfleisch" (1971, gemeinsam u.a. mit Reinhard Wegerth und
Reinhard P. Gruber), später "Frischfleisch & Löwenmaul". Arbeitete zwischenzeitlich als Schlußredakteur (HörZu Österreich, Basta, Rennbahnexpress, Gault Millau). 1989 Mitbegründer und bis
dato Mitherausgeber des internationalen Buchmagazins "Buchkultur". Lebt in Wien und in Aigen im Mühlviertel. Verheiratet, drei Kinder (Jan, Jakob, Johanna), ein Enkelkind (Jallah).
Veröffentlichte Anfang der 1970er-Jahre erste Texte in "Frischfleisch" und anderen Literaturzeitschriften ("Freibord", "Auftakt" etc.). Kam - ebenfalls Anfang der 1970er-Jahre - durch seinen
Freund Christian Kolonovits zur Musikgruppe "Milestones", wo er bis zu deren Auflösung als Tontechniker und Texter wirkte. Entwickelte mit Kolonovits das Konzeptalbum "Emigration" mit dem
"Märchen von der Sonne" - im deutschsprachigen Raum eine erstmalige Erscheinung: Eine ganze Pop-LP-Seite mit durchgehender Handlung (also Konzept) und deutschsprachiger Textur. Dabei kam es auch
zu Vertonungen von einigen Lyriktexten (Komposition: Christian Kolonovits). (LP "Emigration", CBS 65738, 1973.) Hinweis für Pop-Historienfreaks: Da die LP aufgrund eines schweren Autounfalls der
Gruppe vor den Cover-Fotoaufnahmen verspätet herauskam (Herbst 1973), hängt ihr bis heute ein kleiner Plagiatsvorwurf nach: In besagtem Herbst erschien auch die Pink Floyd-LP "Dark Side of the
Moon", mit diesem betörenden Herzton - ein Spezialeffekt, den die "Milestones" für ihre LP bereits im April 1973 erfunden und aufgenommen hatten. Bislang meinte man, die österreichische
"Folk-Gruppe" hätte abgekupfert. Wahrheit ist eben, daß man voneinander nichts wußte (eh klar), und jeder für sich produzierte. Die "Milestones" übrigens in München - im Frühjahr 1973
("Milestones": Trixi Neundlinger, Günter Großlercher, Chris van der Schyf, Norbert Niedermeier, Christian Kolonovits). Neben anderen Liedtexten schrieb Jensen auch eine Auftragsarbeit für das
damals neugeschaffene Ministerium für Gesundheit und Umweltschutz unter Ministerin Leodolter: Etwas gegen Umweltverschmutzung sollte gemacht werden. Herausgekommen ist eine Single,
"Schade/Bilderbuch" ("Milestones", WM 5041, 1974).
Mitgliedschaften:
Bis heute langjährige kulturpolitische Tätigkeit als Vorstandsmitglied der IG Autorinnen Autoren (u.a. Leitung des "Arbeitskreises Zeitungen, Zeitschriften, Verlage" beim Ersten Österreichischen
Schriftstellerkongreß 1981 mit György Sebestyén).
Weiteres: Grazer Autorinnen Autorenversammlung, Literaturkreis PODIUM (Vorsitzender seit 2005)
Preise und Stipendien:
1975 Kunstförderungspreis der Stadt Wien (Prosa)
1978 Theodor-Körner-Preis (Lyrik)
1979/80 Staatsstipendium für Literatur des BMfUuK (Prosa)
1980/81 Dramatikerstipendium des BMfUuK
mehrere Arbeitsstipendien des BMfUuK und der Stadt Wien (bis 1983)
Einzelveröffentlichungen:
Die Kulturbremsen. Konservative Kulturpolitik in Österreich. Ein Schwarzbuch. Gemeinsam mit Reinhard Wegerth. Karl-Renner-Institut, Zeitdokumente 17, Wien 1978
Was Hände schaffen. Gedichte zur Geschichte. Linolschnitte von Josef Heer, Nachwort Heinz R. Unger. Frischfleisch& Löwenmaul, Wien 1979
Ballon aus Blei. 19 Aufstiegsversuche und diverse Zwischentexte. Mit Hannes Vyoral. Illustrationen der Autoren nach Fotos aus dem Waldviertel. Frischfleisch&Löwenmaul, Wien 1985
Skizzen vom alltäglichen Tag. Gedichte. Grasl, Baden 2004
Ausgewählte Gedichte. Podium (Podium Porträt 30), Wien 2007
Ohne mit alles - Lürük Kebap. Herbstpresse, Wien 2007
Theatertexte:
Der tägliche Tod. Gemeinsam mit Ensemble Theater Wien. UA "steirischer herbst" 1980, Schauspielhaus Graz (Regie: Alfred Rubatschek, Dieter Haspel. Stücktext bei Frischfleisch& Löwenmaul, Wien
1980)
Kurz vorm Hinwerden. Leseaufführung während der Wiener Festwochen durch Volkstheater Wien unter Paul Blaha 1984
Jugendbuch:
Bixi, Stoppel und die Räuber. Verlag Breitschopf, Wien 1984
Anthologiebeiträge (Auswahl):
Geschichten nach 68 (Frischfleisch&Löwenmaul 1979)
Kein schöner Land (Graphia 1981)
Dialekt Anthologie (Internat. Dialekt-Institut IDI 1982)
Kulturjahrbuch 2 (Verlag für Gesellschaftskritik 1983)
Linkes Wort für Österreich (Globus 1985)
Ätzwerk. Patriot-weiß-rote Satire (tribüne 1987)
Die Leiche im Keller (Picus 1988)
Unter der Wärme des Schnees (Edition Umbruch 1988)
Erleichterung beim Zungezeigen (Jugend&Volk 1989)
Übermalung der Finsternis (Edition Umbruch 1994)
Heute die Welt von morgen träumen (Österreichische Kinderfreunde 1994)
Ein neuer Anfang für eine neue Zeit (Österreichische Kinderfreunde 1998)
Dicht auf den Versen (Podium 2001)
Mein Bier am Sonntag (Edition Aramo 2001)
Mein Mord am Freitag (Edition Aramo 2002)
Der Geschmack der Fremde (Sonderzahl 2004)
Ins Englische übertragen Texte von Anthony Mellors in "So also ist das / So That's What it's Like", Haymon Verlag 2002
Übersetzungen in:
Resonancias/Nachklänge. Nueva poesía austriaca. Hg. u. Übers. Sabina Scherzer und Ricardo Corchado. Ediciones Arlequin, Mexico 1996
Die Kinder von Rainer und Maria. Übers. ins Ukrainische von Sergiy Zhadan. Charkiw, Majdan 2004
Der Wind am Bahngeleise rattert
Im Sommer blühen grobe Pflanzen dort sehr violett
Die stellt sich keiner in die Vase
Dann weht der Wind im Herbst im frühen und
Noch immer stehst du dort verloren schaust du aus
*
Es ist so leicht wenn alles bezahlt ist
Auf der Terrasse herumhängen Bier trinken
Fünfzig Meter darunter schäumt Neptun und
überm Berg tanzen Feuerwerk und Fieber
und Fernsehbilder
in jener schönen fremden Sprache
von Dante Silone Mario Luzi
So ist es leicht
wieder den halbvollen Mond zu verfolgen
zwischen kochenden Wolkenbergen und Gewittern
Den Zikaden zu lauschen
den klappernden Fensterflügeln
Die spitzen Schreie der Kinder zu hören
wenn sie den Donner im Diskant begleiten
Das sanfte Schmatzen an der Bierflasche das
Brausen der Brandung eigentlich
ist es leicht
*
Nicht die Schwellen sind es
Das polternde Rollen
auch
das sanfte Schmiegen in den Kurven
die Trägheit
Die
mehrmals benutzten schmierigen Überzüge
die Hitze die Nässe dazu
Das Ordnen der Kleidung
Geruchsmarken unbeschreiblich einmalig
Zwischen Kiew und Moskau
fehlt es nie an heißem Tee
an Gegenzügen
an Kurven
*
Nachts auf Silberklingen schwebend
Atem heftig und
nur dich im Arm
Eiskalte Winterhimmel brechen
*
Kleine Widmung
Ich schreibe dir
um Viertel Vier
noch ganz schnell ein Gedicht von mir
weil später schreibe ich nicht mehr
Wozu auch
denn du kommst daher
und zeigst mir offenherzig sehr
die Vorderseite und die Kehr
für C.
*
Tochterbild
Johanna meint
sie sei eine Außerirdische
Als ihre Mutter einmal gähnte
fiel sie ihr aus dem Mund
- Von welchem Stern kommst du?
- Von jedem
- Wieso?
- Weil wir auf jedem Stern ein Ferienhaus haben
Sie trägt ein Haarband
Ihre Haare stehen nach oben
Antennen
- Und was machst du eigentlich?
- Das muß ich dir aufzeichnen
*
Deine Flügel
kleiner Mann mein Enkelsohn
mußt du mir einmal borgen
auf daß ich jauchzend wieder
geradewegs wie du
die Sprünge schaffe neugierig und
leih mir deine Nase
die sichere Beweglichkeit
noch besser
machen wir's gemeinsam
Hand in Hand
für Jallah
*
Die kleine Geste
voll Behaglichkeit
Sanft streicht die Kellnerin
leicht im Vorbeigehn mit der Hand
die warme Wand des
Kachelofens
2.3.2007, Gasthaus Quell, Wien
*
Nils Jensen: Ausgewählte Gedichte. Vorwort: Hannes Vyoral. 64 Seiten, 1 Foto und 2 Zeichnungen. Euro 6,-. Podium (Podium Porträt
30), Wien 2007