Franz Richter wurde am 16.1.1920 in Wien geboren, 1940 Einberufung zur deutschen Wehrmacht, 1945-48 Kriegsgefangenschaft, 1950 Dr. phil., Lehrer an Wiener Handelsakademien und am Theresianum,
Mitarbeiter an Lehrbüchern für Chemie, Literaturrezensent bei verschiedenen Zeitungen, Herausgebertätigkeit, 1975-79 Präsident des Österreichischen Schriftstellerverbands, 1976-90 Generalsekretär
des Österreichischen P.E.N. Clubs, 1979-96 Delegierter der Hörer- und Sehervertretung des Österreichischen Rundfunks.
Bücher:
Wir, die an den Grenzen wohnen. Gedichte. Jugend und Volk, Wien o. J.
Anbruch der Vergangenheit. Gedichte. Bergland Verlag, Wien 1964
Diogenes - ultraviolett. Roman. Stiasny Verlag, Graz 1964
Wir leben chemisch. Jugend und Volk, Wien 1967
Keine Sintflut für Noah. Die dreifältige Einfalt. Zwei Spiele zwischen Glauben und Zweifel. Bergland Verlag, Wien 1968
Humanimales. Fabeln. Jugend und Volk, Wien 1969
Kosmo-Rhythmik. Gedichte. Bergland Verlag, Wien 1973
Im Wendekreis der Blume. Essays über Pflanzenästhetik. Europaverlag, Wien 1975
Tafeln und Blätter. Gedichte. Theresianum, Wien o. J.
Trockengebiet. Gedichte. Grasl Verlag, Baden 1980
Kein Pardon für Genies. Zwölf Charakterbilder. Niederösterreichisches Pressehaus, Wien - St. Pölten 1982
Kurz gefaßt, lang bedacht … Gedankensplitter. Niederösterreichisches Pressehaus, Wien - St. Pölten 1984
Auf der Atembrücke. Gedichte. Niederösterreichisches Pressehaus, Wien - St. Pölten 1986
Spaltklang. Roman. Niederösterreichisches Pressehaus, Wien - St. Pölten 1987
Gestalten der Liebe. Erdachte Briefwechsel, literarische Porträts. Niederösterreichisches Pressehaus, Wien - St. Pölten 1989
Lichtecho. Gedichte. Niederösterreichisches Pressehaus, Wien - St. Pölten 1992
Ein Pfauensommer. Erzählungen. Niederösterreichisches Pressehaus, Wien - St. Pölten 1994
Geheimes wird Signal. Gedichte. Literaturedition NÖ, St. Pölten 1996
Lob der Weltvernunft. Gedichte. NP Buchverlag, St. Pölten 1998
Ausgewählte Gedichte. Podium (Podium Porträt 20), St. Pölten - Wien 2005
Mitgliedschaften:
Österreichischer P.E.N. Club, Österreichischer Schriftstellerverband, Literaturkreis PODIUM, IG Autorinnen Autoren, Humboldtgesellschaft, Mannheim, Société europeenne de Culture, Venise.
Auswahl aus den Essays:
Rudolf Felmayer, Festgabe, Gesicht des Menschen, 1968; Rudolf Henz, Festschrift, 1977; Ernst Schönwiese, Festschrift, Weisheit der Heiterkeit, 1978; Einzelgänger im Massenmedium, Roman Rocek,
1995; Friedrich Ch. Zauner, Portrait in "Die Rampe", 1996; Neue Sandalen für Sokrates, Humboldtgesellschaft (Bd. 15), 1998; Ordnung und Freiheit, Beethovenfest, Bonn 2000; György Sebestyén,
Festschrift, 2000; Alexander Giese, Humanität und Literatur, 2001; Alois Vogel, Festschrift, 2001; Hermann Jandl, Vorwort zu Podium Porträt 7, 2002; Kurt Klinger, Portrait in "Die Rampe",
2003.
Hörspiele:
Keine Sintflut für Noah, 1969
Die Reifeprüfung mit der Sphinx, 1972
Nur den Sängern kann es noch gelingen, 1984
Preise, Auszeichnungen:
Theodor Körner-Preis 1967; Preis der Stadt Wien für Literatur 1967; Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1981; Kulturpreis des Landes Niederösterreich 1984; Ehrenmedaille der
Bundeshauptstadt Wien 1985; Otto Stoessl-Preis 1988; Österreichisches Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse 1990; Ehrenmitgliedschaft des Österreichischen P.E.N. Clubs 1998;
Humboldtplakette 2000.
Sandstein
Was bist du wirklich:
Sand oder Stein?
Dünenweich oder trümmerhart?
Oh, diese Wörter!
Dieses Hochzeitmachen zwischen Unvereinbarem,
um die Wirklichkeit zu zeugen.
*
Föhrenrinde evt.
Gefurcht, gespalten -
abblätterndem Ruin
zum Trotze gehalten
von Säften, die aufwärts ziehn.
Dem Sonnenrade,
das frische Ringe spurt,
des Lichtes Pfade
markstrahlig festgezurrt,
ringsum die Rinde,
gefügt aus Borke und Bast,
totes Gebinde
schützend angepaßt.
Der Parasiten
geharzte Unterkunft,
ins Fraßbild geschnitten
die Chiffren der Weltvernunft.
*
Osterspaziergang
Ob in Gräbern, ob in Samen,
wo unkenntlich wir vermummt,
ruft uns jetzt das Licht beim Namen:
Blüte lugt und Biene summt.
Überstrahlt vom Auferstehen
gibt es keine Unterlieger,
scheinhaft bleibt das Untergehen,
alles wird - und wird zum Sieger.
Knospe, die nicht aufgegangen,
in des Vogels Schlund geriet,
bleibt im Kehlsack nicht gefangen:
Farbenton erblüht im Lied.
*
Ernte
Gib und nimm
gib und vergib
vergib das Vergebliche
nimm das Vernehmliche
uns sei's auch nur als Ahnung
dessen, was im Vergeblichen
die Gabe war
*
Die Pendeluhr
Schwingkreis vom Jetzt zum Dann
hat Stets und Nie zum Ziele,
erst in der Schwerkraft Bann
tickt die Minutenmühle,
wandelt in Tanz den Sturz,
kehrt um aus den Extremen,
hält die Gewichte kurz,
rhythmisch den Fall zu zähmen.
Doch goldne Mittellage,
verbürgend Gleichgewicht,
ist fremd der Zeitenwaage:
Ihr Gang geht ins Gericht.
*
Auf dem Balkon - Verona/Bologna
Und wieder eine Balkonszene,
Schaustellung und Verborgenheit,
voller Rätsel
im Hause des Anatomen Galvani,
Leichen, Schenkel der Frösche,
am kupfernen Gitter hängend, zum Trocknen.
Wendete er sie aber aus dem Schatten der Sonne zu,
so begrüßten die Toten strampelnd
das Licht einer anderen Welt.
Und wahrlich: der Totentanz der Schenkel von Bologna
hat das Leben auf Erden verändert.
Wie fühlst du dich jetzt, Romeo? Bist du ein galvanisches
Element, strampelnd am anderen Balkon,
Kupfergitter und Zinkgabel, Pole der Batterie,
deren Spannungsdifferenz kitzelt und lockt,
damit du, toter Lurch, endlich noch mal schwimmst
im Gefälle des Stroms, dem Blütenzauber des Errötens
entgegen: Romeo und Julia, Traum ein Leben,
Leben ein elektrisierender Traum.
*
Franz Richter
Ausgewählte Gedichte
Podium Porträt 19
Vorwort von Gruber, Marianne. Herausgegeben von Vyoral, Hannes
64 Seiten, 1 schwarz-weiß Foto, brosch.
Preis: 6,00 Eur[D] / 6,00 Eur[A]
ISBN 3-902054-33-6