wurde am 11. Juli 1928 in Linz / OÖ geboren. Nach der Matura Tätigkeit als Handelsangestellter, ab 1953 Studium der Theaterwissenschaft, Germanistik und Philosophie an der Universität Wien,
Promotion zum Dr. phil. 1955 bis 1977 Dramaturg, später Chefdramaturg an Bühnen in Linz, Graz, Düsseldorf, Frankfurt/M. und Zürich. Ab 1978 freiberuflicher Schriftsteller und Publizist in Wien.
1978 bis 1993 Vizepräsident der Österreichischen Gesellschaft für Literatur. 1979 bis 1991 Herausgeber und verantwortlicher Chefredakteur der Monatsschrift "Literatur und Kritik", ab 1983
Mitherausgeber der Zeitschrift "Die Rampe".
Kurt Klinger lebte zuletzt in Rom und in Wien. Er starb am 23. April 2003 in Wien.
Bücher
Harmonie aus Blut. Gedichte. ABZ-Verlag, Wien 1951
Odysseus muß wieder reisen. Schauspiel. Verlag Kurt Desch, München 1954
Auf der Erde zu Gast. Gedichte. Kulturamt der Stadt Linz, Linz 1956
Das Garn des Schicksals. Gedichte, Prosa, Szenen. Stiasny Verlag, Graz und Wien 1959
Ein Papst lacht. Scheffler, Frankfurt am Main 1963
Studien im Süden. Essays. Linzer Bücherei Bd. 10, Linz 1965
Die vierte Wand. Erzählungen. Zsolnay Verlag, Wien 1967
Radikales Theater. Arrabals "Der Garten der Lüste", übers. von Kurt Klinger. Kiepenheuer und Witsch, Köln 1969
Entwurf einer Festung. Gedichte. Jugend und Volk, Wien 1970
Schauplätze. Fünf Dramen. Österr. Verlagsanstalt, Wien 1971
Fernando Arrabal. Drei Stücke, übers. von Kurt Klinger. Kiepenheuer und Witsch, Köln 1971
Konfrontationen. Essays. Bergland Verlag, Wien 1973
Löwenköpfe. Gedichte. Verlag G. Grasl, Baden 1977
Napoleon. Ich, der Kaiser. Aus der Chronik seines Lebens, hg. und kommentiert v. Kurt Klinger. Kindler Verlag, München 1978
Auf dem Limes. Gedichte. Otto Müller Verlag, Salzburg 1980
Das Kirschenfest. Gedichte. Verlag G. Grasl, Baden 1984
Theater und Tabus. Essays, Berichte, Reden. Edition Roetzer, Eisenstadt 1984
Zeitsprung. Gedichte. Otto Müller Verlag, Salzburg 1987
Erinnerung an Gärten. Stationen und Reisen. Prosa. Otto Müller Verlag, Salzburg 1989
Auf den zweiten Blick. Wiederbegegnungen mit Meisterwerken der Literatur. Aufsätze. Edition Atelier, Wien 1994
Das blühende Schiff. Gedichte. Edition Der Apfel, Wien 1998
Die Ungnade der Geburt. Literatur als Schicksal. Essay. Edition Kappa, München 1999
Kurt Klinger - Ausgewählte Gedichte. Podium, St. Pölten - Wien 2003 (Podium Porträt Bd. 12)
Außerdem erschienen weitere Übersetzungen v. a. dramatischer Literatur in Buchform.
Hörspiele
Das Märchen seines Lebens. Sendegruppe Rot-Weiß-Rot 1952
Der Weg ins Nordland. ORF 1954
La Sera. ORF Oberösterreich 1959
Der Fall Melos. ORF, WDR 1968
Die Sieger (Pagenrevolte). ORF Oberösterreich 1970
Der Mann, der in mir lebt. ORF Oberösterreich 1971
Ein Hügel in Richmond. ORF Oberösterreich 1972
Die vierte Wand. ORF 1974
Das Scherbengericht. ORF Oberösterreich 1975
Odysseus muß wieder reisen. ORF 1981
Die Allee der Gerechten. ORF Oberösterreich 1985
Filme
Der Tag der Tauben. TV-Film. ORF 1970
Der Kronprinz: Die Tragödie eines Scheiterns. TV-Film. BR, ORF 1989
Preise und Auszeichnungen
Preis des Kulturringes d. oberösterreichischen Wirtschaft 1954
Förderungspreis des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst für Literatur 1955
Förderungsbeitrag des Wiener Kunstfonds der Zentralsparkasse Wien für Literatur 1963
Förderungspreis des Landes Oberösterreich für Literatur 1971
Förderungspreis für Literatur des Theodor Körner-Stiftungsfonds zur Förderung von Wissenschaft und Kunst 1973
Verleihung des Professorentitels 1978
Preis des Wiener Kunstfonds der Zentralsparkasse Wien für Literatur 1979
Buchprämien des Bundesministeriums f. Unterricht und Kunst 1980, 1984, 1987 und 1989
Kulturpreis des Landes Oberösterreich für Literatur 1983
Georg Trakl-Preis für Lyrik des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst 1984
Anton Wildgans-Preis der Österreichischen Industrie für Literatur 1986
Franz Theodor Csokor-Preis d. Österreichischen P.E.N. Clubs 1988
Ehrenmedaille in Gold der Stadt Wien 1988
Österreichisches Ehrenkreuz Erster Klasse für Wissenschaft und Kunst 1996
Mitgliedschaften
IG Autorinnen Autoren, Österreichischer P.E.N. Club, P.E.N.-Zentrum deutschsprachiger Autoren im Ausland, Österreichischer Schriftstellerverband, MAERZ - Künstlervereinigung Linz, Literaturkreis
PODIUM, Europäische Autorenvereinigung Die Kogge Köln
Die Reichen
Den Reichen gehört auch der Schmutz
auf deiner Haut,
wie ihnen alles gehört.
Darum herrschen sie dich an:
Wo ist mein Schmutz?
Er kostet mich ein Vermögen.
Kein Zementstaub im Gesicht?
Keine Verbrennungen
durch Teer und Asphalt?
Keine Steinsplitter
unter den Fingernägeln,
kein Schmieröl?
Warum bist du nicht bedreckt
von oben bis unten?
Warum kriecht dir nicht
der Sand der Mischmaschinen
bis in den Arsch hinein?
Sag das noch einmal:
Du wäschst dich?
Wer hat dir befohlen,
daß du dich waschen sollst.
Das wird vom Lohn abgezogen.
Ich will meinen Schmutz
auf deinem Körper sehen!
*
Im Lesesaal
Heiße Köpfe: Alchimistengefäße.
Innen brodelt
zartes Hirngewebe.
Vorsichtig faßt die Pinzette
meiner Fragen hinein.
Die Weisheit fühlt sich verletzt.
Entgeisterter Dampf
entweicht betroffen
ins ungebildete All.
*
Auf einen Brief
(Für Christoph Meckel)
Der Brief duftet noch
im Kuvert. Ich habe ihn aufbewahrt.
Die trockenen Gewürze
der Provence,
schmale Sonnenkörner,
die Wärme vieler Felder,
vieler Wangen. War es
ein glücklicher Sommer?
Was kann ich geben?
Sende ich hundert Tage Schnee,
werden sie auf der Reise zerfließen.
Sende ich, in Blättern verschnürt,
das Braungold
unserer nußbaumschweren Nächte -
zu weit ist der Weg.
Sie erreicht dich nicht mehr
vor Sonnenaufgang
unsere Nacht.
Könnte ich mein Land
in zwei Händen fassen
und dir übergeben,
ich täte es unbesorgt.
Du bist nicht fremd.
*
Vita
Aus einem Land, in dem ich nicht leben kann
in ein Land, in dem ich nicht leben möchte
in ein Land, in dem man das Leben nicht liebt.
Über drei Grenzen hinweg, einen Wall und über ein Weltmeer
in ein Land, in dem das Leben nicht lohnt
in ein Land, in dem niemand sein Leben begreift
in ein Land, in dem man sein Leben vergeudet
in ein Land, in dem Leben gefährlich ist.
Weiter zu großen und weiter zu kleineren Inseln
eingeschifft, verfrachtet, auf Kais abgestellt,
auf Handelsstraßen unter kriegerischen Flaggen
in ein Land, in dem man zu leben vergißt
in ein Land, in dem man das Leben nimmt
in ein Land, in dem man sein Leben verbüßt
in ein Land, das erst morgen zu leben beginnt.
Über drei Grenzen hinweg, einen Wall und über ein Weltmeer
zurück in das Land, in dem ich nicht leben kann
in das Land, in dem ich nicht leben will.
*
Heute
(Für Carlos Bueno)
Heute steht Rom
auf Säulen eisiger Luft.
Schrittgewaltig
gehen die nahegerafften Berge
dem Licht voraus.
Es wird ein Tag
voll dröhnender Schönheit sein,
wenn sich gekrönte Türme
gegen die Schatten werfen
und die Täler entriegeln
für den Einfall
von Jubel und Schmerz.
Geblendet
erleide ich
die Atemnot des Universums
unter entlaubtem Winterblau,
das ich heilig nenne.
*
Kurt Klinger - Ausgewählte Gedichte. Vorwort: Bernhard Widder. 64 Seiten, DIN A6, Euro 6,-. Podium (Podium Porträt 12), St. Pölten
- Wien 2003. ISBN 3-902054-22-0