Hannes Vyoral, geboren 1953 in Niederösterreich, lebt in Wien und in Wallern im Burgenland. Seit 1976 freiberuflicher Schriftsteller und Kulturpublizist (rund 40 Bücher), berufs- und
kulturpolitische Tätigkeit (mit Gerhard Ruiss, u.a. Organisation des „Ersten österreichischen Schriftstellerkongresses“ 1981, Geschäftsführer der IG Autoren bis 1991), Lehraufträge an den
Instituten für Publizistik, Germanistik und Politikwissenschaften der Universitäten Innsbruck, Salzburg und Wien. Ab 1999 für die Schriftstellervereinigung podium tätig, 2005–2017 deren
Geschäftsführer; Herausgeber der Lyrik-Buchreihen „podium porträt“ und „neue lyrik aus österreich“ im Berger Verlag, Redaktionsmitglied des Magazins „Buchkultur“ (bis 2018).
Lyrikpublikationen (Auswahl):
in der farbe des fehlenden körpers. Wien 1994
sommer auf dem ausgeruhten land. Baden 2003
ostrakoi. Horn 2004
aus der wildnis. Wien 2005
nur jetzt genau so. Gösing 2008
Rozproszone swiatlo. Wiersze wybrane / streulicht. ausgewählte gedichte. Wroclaw/Dresden 2013
leichter proviant. gedichte aus dem seewinkel. Oberwart 2013
weiß ist gedicht genug. Horn 2013
jahrland. kalendergedichte. Oberwart 2017
LESEPROBE
vorfrühlingsgedicht
auf die vergösse ich tränen
auf paradiese voll amselgesang,
auf blühende hasel & regenweide
wenn das jahr in schwung kommt
und schnee abwirft
von dächern und wipfeln
platsch platsch
geht das kind an meiner seite
alles ist jung und nass
platsch platsch
*
du sagst es
gewitter sind
für abends angesagt,
noch sitzen wir im freien
und schälen und verlesen
unterm giebelschatten
von der sonne aufgeheizte
feuerbohnen, plaudern
& verkosten traubenmost
die schwarzen nüsse
fallen heuer früh ins gras
du sagst, wir müssen
unsre tage nützen
& nichts andres tun
als das
*
streulicht
erinnern wir uns
an die fahrenden züge
an pappeln am ufer
ans ziehen der gänse
ihr schreien im nebel
ans klicken der schere
beim schneiden der stauden
den lehm an den schuhen
ans glänzen der bäume
bei regen im streulicht
der gelben laterne
ans glitzern der sterne
im schnee auf der scheune
die stille, die räume
erinnern wir uns
*
das ist mein leben
das ist mein leben
das am ende übrig bleibt
trage es sanft
an einem augusttag
mit weißen wölkchen
über spiegelglatten seen
am besten vormittags
ins grüne gebüsch,
im unterholz
lass es frei
es findet schon
seinen weg
ins vergessen
*
in gedanken bei ossip mandelstam
ehrlich,
begrabt mich nicht
ich habe nirgendwo
dazugehört, im grunde
war ich immer fremd
ein meer,
das in den fluss einmündet
und ein stückweit salz
ans ufer schwemmt
*
Hannes Vyoral: Ausgewählte Gedichte. Hgin: Erika Kronabitter. Vorwort: Christian Teissl, 64 Seiten. Euro 6,--. Podium (Podium Porträt 113) Wien 2021, ISBN 978-3-902886-62-0