Christa Nebenführ
geb. in Wien, verheiratet, zwei Töchter.
Nach einer konventionellen Laufbahn als Schauspielerin in der BRD Studium der Philosophie in Wien und Stony Brook (USA). Sponsion 1996.
Einzelpublikationen:
1994 "Liebe ist die Antwort, aber was war die Frage?" (Hrsg.) Wr. Frauenverlag
1995 "Erst bin ich laut..." Gedichte, Verlag Grasl, BadVöslau
1997 "Inzwischen der Zeit" Gedichte, Verlag Deuticke, Wien
1997 "Sexualität zwischen Liebe und Gewalt. " Milena Verlag, Reihe Wissenschaft
1998 „Die Möse. Frauen über ihr Geschlecht.“ (Hrsg.) Promedia Verlag, Wien
2006 „Blutsbrüderinnen“, Roman, Milena Verlag Wien
2013 Podium Länderheft mit kroatischer Gegenwartsliteratur (Hrsg.)
2020 Podium Porträt Christa Nebenführ mit 49 Gedichten
Kurier-Kolumne (1993 – 2004), Radiofeatures (Ö1), Kurzhörspiel, Essays und Prosa in Anthologien, Leitung von Literaturkursen, Kulturveranstaltungen, Literaturpreise und Stipendien. 2003 – 2018
Veranstaltung der Sommerlesereihe im Café Prückel.
Vorstandsmitglied des Literaturkreises Podium und der GAV.
LESEPROBE
X
Heute noch tanze ich
unter dem Takt,
den du gestern geschlagen.
Meiner Eidechsenzunge
klebrigen Widerhaken
schliff ich zum Häscher.
Weiß, dass er dich einfing
ohne jede Entblößung.
An dir ist es nun,
zu gesteh’n.
X
Die Zeit ist angekommen.
Noch zögern wir
ihr Zügel anzulegen.
Aus aufgeblähten Nüstern
trifft uns ihr scharfer Strom
noch vor dem ersten Schrei
des Wetterhahns. Der Klang
der Osterglocken schweigt.
Sie steht nun still
und scharrt mit ihren Hufen.
Zwölf Legionen Engel
sind wenig, wenn das Meer
im blutberauschten Mond
die Tide niederschlägt
wie einen tollen Hund.
Die letzte Spur
erlischt am Horizont.
X
Dicht an dicht
im Schuldturm eingeschlossen.
Oben höhnt,
in Steine eingelassen,
ein dünnes Licht.
Es quillt wie Tränen
aus den Ritzen
und fällt wie Wasser
aus dem Auslass, der hoch
und höher noch
weit über allen Häuptern
in Stein gehauen ist.
Und niemand sonst als wir
hat all die Felsentrümmer
herbeigeschleppt,
sie in die Form geschlagen
und aufgetürmt.
Wer wird der erste sein
und wer der letzte,
der nicht mehr auf den Schultern eines andern
gerade noch vermag
ein Stück vom Himmel
zu erhaschen?
X
Ich kann jetzt mit den Zähnen klappern
ohne den Mund aufzumachen.
Ich brauche sie nur gegen ein Wasserglas zu schlagen,
oder gegen ein Weinglas.
Aber einmal noch vorm Ende
will ich ein Ungeheuer beissen.
Ein Ungeheuer mit Namen Hans.
Ein zartflügeliges, launisches, melancholisches,
tierisches, atmendes, stöhnendes,
verzweifeltes Ungeheuer,
das unter meinen Händen schmilzt
wie unter der sengenden Sonne.
Christa Nebenführ: Ausgewählte Gedichte. Hg: Erika Kronabitter. Vorwort: Monika Vasik, 64 Seiten, 1 Abb., Euro 6,-. Podium (Podium Porträt 106) Wien 2020. ISBN
978-3-902886-53-8