Alfred-Gesswein-Preis 2009 an die Autorin Anna Weidenholzer
Der diesmal zum Thema "Rituale" ausgeschriebene Alfred-Gesswein-Literaturpreis des Podium, mit 3.000 Euro dotiert, wurde von der Jury (Peter Zimmermann - ORF Ö1, Christa Gürtler - Salzburger Leselampe, Nils Jensen - Podium) der Autorin Anna Weidenholzer (geb. 1984) zuerkannt. Die Preisverleihung findet am 23. November 2009 um 19 Uhr im Wiener Literaturhaus statt.
Statement der Jury
"Rituale" - unter diesem Motto stand der Alfred-Gesswein-Literaturpreis 2009: Ein Ritus (daher leitet sich das Wort Rituale ab, meint: kultischer Brauch) ist eine menschengemachte Umgangsform, die mit der Zeit Gewicht bekommt und dann auf einmal wie ein Naturgesetz dasteht - so stand's in der Ausschreibung.
207 Autorinnen und Autoren schickten Texte, alle anonymisiert und mit Kennwort versehen. Den Sommer über hatte die Jury (Christa Gürtler - Leselampe Salzburg; Peter Zimmermann - ORF Ö1; Nils Jensen - Podium) dann Zeit, sich einzulesen und auszuwählen. Interessant ein Aspekt: Dass sich doch viele Texte um die Alltagsrituale drehten, wobei sowohl Heransgehensweise als auch sprachliche Handhabung höchst unterschiedlich ausfielen.
Die Jurysitzung dauerte dementsprechend lang, bis zwei Texte übrig blieben, die ausgiebig diskutiert wurden. Schließlich konnten sich die Jurymitglieder auf den Siegertext, genau: auf den Siegerinnentext einigen: "Zwischenzeit oder Der Platz des Hundes" heißt er, seine Autorin stammt aus Linz, Anna Weidenholzer (geb. 1984).
Da bis zuletzt gerungen wurde, ob nun diesem oder dem anderen Text, nämlich "Wie aus Ritualen Ticks werden können!" von Nadya Köppel (geb. 1980), der Vorzug gegeben werden sollte, haben wir uns entschlossen, auch diesen zweitgereihten Text hier abzudrucken. Erfreulich ist, dass sowohl Anna Weidenholzer als auch Nadya Köppel zu den Autorinnen der jüngeren Generation zählen - eine Perspektive mit Qualität.
Die in Wien lebende Autorin Linda Stift wird mit dem mit 2.000 Euro dotierten Alfred-Gesswein-Literaturpreis 2007 ausgezeichnet. Die aus Evelyn Polt-Heinzl, Manfred Müller und Harald Friedl bestehende Jury hat aus rund 400 anonymen Einsendungen zum Thema "Fix und fertig" ihren Text - "Eine neue Saison" - als besten ausgewählt.
Die Preisverleihung findet - samt einer Lesung der Autorin - am 28. November 2007 um 19 Uhr im Wiener Literaturhaus statt.
In die engere Wahl kamen weiters:
2. | (ex aequo) Katharina Bendixen und Silke Andrea Schuemmer (beide Deutschland) |
4. | Wiete Lenk (Deutschland) |
5. | Evelin Juen (A, Imst) |
6. | Armin Baumgartner (A, Wien) |
7. | Andreas Lehmann (Deutschland) |
Einstimmig und glücklich hat die Jury Gabriele Kögl und ihren Beitrag "Alles, wo man nicht hinkommt, ist so weit weg wie Amerika" für den Gessweinpreis 2005 gekürt. Dieses Mal waren Einreichungen zum Thema "Kampf" erbeten.
Die Jury setzte sich zusammen aus Renate Welsh, Autorin, Dr. Harald Klauhs, "Die Presse", und Beatrix M. Kramlovsky, Autorin.
101 Arbeiten wurden rechtzeitig eingereicht und der Jury übergeben. Auffallend war die erfreuliche Dichte an gut erzählten Geschichten. Was irritierte, war die Beschränkung auf zwei Themenkreise:
den Krieg (Soldatenleben, entpersonalisiertes Grauen und die Angst während der Kampfhandlungen) einerseits und das Frau-Mann-Verhältnis andererseits, den Kampf der Geschlechter in der üblichen
Zweierbeziehung. Es gab hier Texte, die teilweise wirklich überzeugten durch ihre sprachliche Qualität, aber die Darstellung des Themas war weder originell noch regte sie kontroverses Denken an.
Fast alle Geschichten waren linear und chronologisch erzählt, technisch gut aufgebaut, aber das eigentliche Wesen des Kampfes, das Aushöhlende, Zerstörende, gleichzeitig grausam Erfinderische und Kreative kam selten zum Ausdruck.
Allerdings gab es eine Handvoll Texte, die die Jury wirklich erfreuten. Einige rare Lyrikarbeiten porträtieren mit unverbrauchter, aufregend gekonnter Bildsprache Kampfaspekte, Befindlichkeiten und Schauplätze. Wenige dramatische Stücken verführten zu Debatten, weil sie innovativ und gut geschrieben sind, zwei, drei Prosatexte sind von beeindruckender Qualität, die eine Reihung schwer machen.
Der Siegertext allerdings stand von Anfang an und ohne Diskussion fest! "Alles, wo man nicht hinkommt, ist so weit weg wie Amerika" von Gabriele Kögl ist ein Auszug aus einem
Romanmanuskript, der in seiner Dichte, Geschlossenheit und Intensität ohne Abstriche für sich steht. Die Mutter, die gegen Einsamkeit, Enttäuschung, das Gefühl, betrogen worden sein, ankämpft und
gleichzeitig gegen ihre Kinder antritt, erzählt in all ihrer Bitterkeit und ohne sich darüber klar zu sein, von Absichten und Erwartungen, und den zermürbenden Streit um Zustehendes oder
Einzuforderndes. Alles im Namen der Liebe, alles so, wie viele es kennen, aber alles in einer Sprache, deren Reichtum und Genauigkeit die Jury beeindruckte und einstimmig entzückte.
In die engere Wahl kamen (alphabetisch gereiht):
Bettina Balaka, Milena Michiko Flasar, Yvonne Giedenbacher, Ulrike Kotzina, Marcus Poetler und Elisabeth Wäger. Einige ihrer Texte werden im Preisheft des Podium ebenfalls veröffentlicht.
Die offizielle Feier und Präsentation wird am 8. Dezember 2005 stattfinden.
PODIUM gratuliert und dankt allen, die mitgemacht haben, für ihre Einreichungen.
Zwei erste Preise
Der Alfred Gesswein-Literaturpreis des PODIUM, ausgeschrieben für Reiseliteratur, wurde von der Jury - Susann Schaber (Wien), Richard Christ (Berlin) und Sylvia Treudl (Wien / NÖ) - zu gleichen
Teilen an
Christiane Neudecker
Rosemarie Poiarkov
vergeben. Insgesamt gab es 700 Einsendungen.
Der Alfred Gesswein-Literaturpreis des PODIUM, ausgeschrieben für Kurzkrimis, wurde von der Jury (Alfred Komarek, Edith Kneifl, Nils Jensen) der deutschen Autorin Marie-Sophie Müller (geb. 1978 in Krefeld) für die Kurzgeschichte Günstige Gelegenheit zugesprochen. Der Text ist in der Krimi-Anthologie "ersatzlos gestrichen" abgedruckt.
Leseproben:
Der Text ist im Podium 112 abgedruckt.
geb. 1956 in Heilbronn/Neckar, Besuch der Akademie bzw. Hochschule für bildende Künste in München und Hamburg, zahlreiche Stipendien, N.C. Kaser-Preis für Lyrik 1994; lebte zuletzt in Paris, Graz ("Stadtschreiberin"), Madrid und seit 1998 in Wien. Bücher u.a.: Der Himmel ist eine Flasche, Ritter Verlag, Klagenfurt 1994; Das Schlagen der Augen, Droschl, Graz 1994; Auswendige Tage, Droschl, Graz 1997.
Im Zoo ist's heut so seltsam bibbrig
Die Stimmung ist ganz eigentlich
Die Tiere sind verdächtig fiebrig
Sogar die Wärter fürchten sich
Der Großmolz rüttelt an den Gittern
Das Schmär gebärdet sich wie toll
Die Wiriseln daneben zittern
und kacken ihren Käfig voll
Der Firlefant stampft wie besessen
Das Granthorn greint grad wie ein Gnorm
Den Balluch hat das Gnulp gefressen
und gurzt und knorbelt ganz enorm
Der Flaggelon flitzt durch's Gehege
In's Schlupfloch saust die Fuselmaus
Das Schurkhuhn plündert sein Gelege
und schlürft die eig'nen Eier aus
Die Klönchen klettern in den Ästen
und werfen Klitten auf den Kir
Die Quirrlinge in ihren Kästen
verschnarr'n und zirbeln völlig irr
Der Riesenmurks in der Voliere
kreischt aufgebracht "Versperrt! Versperrt!"
Mit rauhem Ruf die Knebelplärre
stimmt ein ins schaurige Konzert
Da bläht der Krönling sein Gekröse,
wie Donnerhall erschallt sein Schrei
Und jäh verstummt da das Getöse
- auf einmal ist der Spuk vorbei
Richard Weihs lebt als Kabarettist und Bluesmusiker in Wien.
1. Bernhard Hatmanstorfer
2. Robert Treichler
3. Christian Stuhlpfarrer
Am 11. Jänner wurde der erstmals von der Literaturvereinigung PODIUM ausgeschriebene Gesswein-Preis für Lyrik an die 1966 in Salzburg geborene Bettina Balaka vergeben, die in Wien lebt.
Alois Vogel, der den mit 25.000 öS dotierten Preis initiiert hat - und ihn auch überreichte -, erzählte von der aufopfernden Arbeit seines Dichterfreundes und Kollegen Alfred Gesswein, dem es
zu danken ist, daß dieses Preisgeld gestiftet werden konnte. Alfred Gesswein, ebenso ein Podiums-Mitglied der ersten Stunde, verwaltete bis zu seinem Tod im Jahr 1983 die Kassa des
Literaturkreises und legte trotz Finanzierung zahlreicher Veranstaltungen in all den Jahren unter äußerster Disziplin einen regelmäßigen "Spargroschen" für eine "größere außerordentliche
Aktion" beiseite. Er hat auch einmal unter Freunden vom Gedanken eines PODIUM-Preises gesprochen.
Der heutige Vorstand hat diesen Umstand zum Anlaß genommen, den ins Leben gerufenen Lyrik-Preis 1993 nach Alfred Gesswein zu benennen, um die Erinnerung an dessen Werk wach zu halten. Ohne
Altersbegrenzung und Berücksichtigung des Herkunftslandes wurden alle deutschschreibenden Lyriker zur Teilnahme eingeladen. Das Echo aus aller Welt ließ sich an 684 Einsendungen ablesen,
sogar aus Jamaica kamen Gedichte.
Podiums-Obfrau Marianne Gruber dankte den Juroren für ihre aufopfernde Tätigkeit, während der über 6.000 Gedichte gelesen werden mußten, und veröffentlichte die Zusammensetzung der Jury: Der
unumstritten urteilsfähigen Lyrikerin Doris Mühringer stand als Vertreter der experimentellen Richtung Christian Loidl zur Seite, und neben diesen beiden Podiums-Mitgliedern wurde ein
externer Beurteiler im deutschen Schriftsteller und Übersetzer Ernst-Jürgen Dreyer gefunden. Doris Mühringer bezeichnete die Zusammensetzung der Jury und ihre Arbeit als schön und
ausgeglichen.
Bettina Balaka, die Englisch und Italienisch studierte, war bei allen drei unabhängigen Juroren unter den beiden Besten gereiht. Der jungen Dichterin mit der kräftig ausdrucksstarken Sprache
wird eine geglückte Kombination von traditionellen und modernen lyrischen Formen attestiert.
In die allerengste Auswahl und somit auf den 2. Platz kam der in Wien lebende Türke und studierte Volkswirtschafter Serafettin Yildiz, Jahrgang 1953.
Das PODIUM Nr. 90 steht übrigens ganz im Zeichen des Gesswein-Preises (der im Zweijahres-Rhythmus ausgeschrieben wird - 1995 für Kurzprosa) und berücksichtigt neben Bettina Balaka und
Serafettin Yildiz weitere 14 Lyriker, die sich für eine Würdigung qualifiziert haben.
MaGo
NÖ Kulturberichte, Februar 1994, Seite 16
ein gebäude steht bis es durch feuer umkommt:
ich festige es mit ziegeln und riegeln:
geplante gänge in strengen systemen:
die autochthone grube zum gefüge erweitert:
ich will es beatmen mit meinem leben
damit es bleibt und gedeiht und die blitze abweist
damit es ein faradaykäfig und ich vor dem lichtspritzenden zerren verborgen
! doch immer kommt das gebäude um
! doch immer
! doch kommt das gebäude immer um
denn tapfer kaue ich ruhe und schlürfe den schlaf:
ich kühle den puls bis die blutströme gleiten:
bis trommeldonnern versiegt bis:
die hallen in falscher friedlieblichkeit:
und im dunkeln zischt ein teuflischer funke
ein bläuliches feuerwort von meiner zunge auf
und zugleich entweicht spannung aus den untoten polen
der brüste glost terror bricht brand
! und alles zerstört der orkan um mich
! und alles
! und alles um mich zerstört der orkan
wer stürme mäht wird geerntet vom sturm:
kein treues gebäude bewohnt brache äcker:
wo drinnen das chaos gefriert klirrt es draußen:
eiszapfen durchwachsen das heulende fleisch:
ich baue mir häuser aus wärmenden händen
erhänge am giebel das all und die nacht
füge fremde zähne zu rädern
die sich in meinem munde drehn
! doch immer frißt mich der morgen allein
! und immer
! immer frißt mich der morgen allein
Bettina Balaka, geb. 1966 in Salzburg, studierte Englisch und Italienisch, ist Übersetzerin und lebt in Wien.